Mittwoch, 27. Juli 2016

Der (un)perfekte Kompost

Offener KomposterThermokomposter

Produziert Ihr eigenen Kompost im Garten oder auf dem Balkon? Glückwunsch! Durch das nachhaltige Entsorgen von Abfällen aus dem Garten und der Küche könnt Ihr so nämlich wertvollen Humus für Euer Gemüse und Eure Blumenbeete herstellen. Das "schwarze Gold" verbessert den Boden und dient Euren Pflanzen als Dünger. Hier erfahrt Ihr, was Ihr beim Kompostieren alles richtig machen könnt.

Puh, unsere Kompostecke sieht ganz schön verwildert aus. Zum Glück ist sie hinter der Ligusterhecke neben dem Hochbeet versteckt. Aber es ist ja schließlich auch die Arbeitsecke. Hier wird das große Geheimnis unseres Gartens produziert: der Kompost. Einmal jährlich bekommen alle Beete im Garten den frischen Humus zugeführt (und dann ist er auch schon wieder alle und muss neu angesetzt werden). Natürlich könnten wir Kompost für 2,50 Euro pro 40-Liter-Sack auch einfach bei der BSR kaufen (im Baumarkt wird es mit 6,50 Euro für 30 Liter dann schon wesentlich teurer). Müssen wir manchmal auch, wenn wir ein neues Beet anlegen und unser eigener Kompost dafür nicht reicht. Aber letztlich sparen wir durch das Selber-Anlegen Geld und können Abfälle aus Küche und Garten (und das sind nicht wenige!) gleich nutzbringend verwerten.

Von Müll zu Kompost: So funktioniert das Wunder der Rotte


Eigentlich ist es der Vorgang doch völlig unfassbar. Wir geben Abfälle herein und heraus kommt wertvoller Boden! Wow! Wie kommt's? Durch die Rotte.

Die Tragik allen Lebens: Alles Lebendige zerfällt irgendwann und begünstigt so neues Leben. Beim Verrotten verarbeiten Mikroorganismen, Pilze und Kleintiere totes Material, sodass chemische Verbindungen in ihre Grundbestandteile aufgespalten und neu kombiniert werden. Es entstehen stabile und damit hochwertige Kohlenstoffverbindungen, die in Ton-Humus-Komplexe eingebunden sind.

 Die Rotte umfasst vier Phasen:
  • I. Erwärmung: Kohlenstoffverbindungen werden abgebaut, wodurch Wärme entsteht. Die Temperatur im Haufen sollte zwischen 35 und 45 °C betragen. Ist die Temperatur zu niedrig, findet keine Rotte statt. Ist sie zu hoch, sterben wichtige Pize und Bakterien ab.
  • II. Pilze: Ca. fünf Wochen lang haben Pilze die Oberhand in der Rotte
  • III. Bakterien: Verschiedene Bakterien ernähren sich von Pilzen und entgiften so gleichzeitig den Boden, wodurch der Kompost pflanzenverträglich wird.
  • IV: Kleintiere: Allen voran Würmer, aber auch Asseln, Milben und andere Krabbelkerlchen verdauen den Kompost. Ist der letzte Wurm aus dem Kompost verschwunden, ist er reif.

Die Bodenlebewesen, die in der Rotte aktiv sind, brauchen Luft und Wasser zum Leben. Der richtige Grad an Belüftung und Feuchtigkeit ist darum wichtig. Das A und O ist aber das richtige Verhältnis von Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N) bei den Ausgangsmaterialien. Das ideale Verhältnis liegt bei 25 bis 30 Teilen Kohlenstoff auf ein Teil Stickstoff. Ist es größer, sprechen wir von einem weiten C/N-Verhältnis, ist es kleiner, von einem engen C/N-Verhältnis. Ist das Verhältnis zu weit, wird nichts abgebaut. Ist es zu eng, entsteht Fäulnis und wir verlieren den Stickstoff in Form von stinkendem Ammoniakgas. Gemischte Küchenabfälle, strohreicher Stallmist und Kartoffelkraut verfügen bereits über ein nahezu perfektes C/N-Verhältnis. Holz (400 C : 1 N) oder Sägemehl (500 C : 1 N) haben ein so weites Verhältnis, dass sie nur in Verbindung mit anderen Materialien und am besten zerkleinert verrotten. Rasenschnitt mit einem Verhältnis von nur 10 C : 1 N hat ein zu enges Verhältnis und fault, wenn es nicht gut mit anderem vermischt wird.

In der Natur wachsen Pflanzen auch ohne Dünger. Denn Blätter, Früchte usw. bleiben im Wald einfach auf dem Boden liegen und verrotten. Im aufgeräumten und beernteten Garten müssen wir da etwas nachhelfen.

Einen Kompost richtig aufsetzen - so geht's


Wenn Ihr Euch ein wenig zum Thema Kompost belest, dann werdet Ihr oft mit erhobenem Zeigefinger ermahnt, dass Kompostieren mehr bedeute, als Grünabfälle nach Anfall auf einen Müllhaufen zu schmeißen. Das stimmt auch. Andererseits hat nicht jeder den Platz, die Materialien erst einmal lange Zeit einzeln zu sammeln, bevor sie dann im Komposter übereinander geschichtet werden - ich übrigens auch nicht. Insbesondere Küchenabfälle kommen eben auf den Haufen, wenn sie anfallen. Wo sollte ich sie sonst zwischenlagern, ohne dass sie faulen?

Damit es zur Rotte kommt, solltet Ihr die Ausgangsmaterialien idealerweise im richtigen Mischungsverhältnis aufsetzen. Braunes, trockenes Material (Äste unbedingt zerkleinern oder häckseln) mit einem weiten Kohlenstoff-/Stickstoffverhältnis und grünes, feuchtes Material mit einem dichteren Verhältnis solltet Ihr am besten abwechselnd in etwa 10 bis 20 cm hohen Schichten auftragen. Um den Rotteprozess zu unterstützen, ist es möglich, zwischendurch Schnellkomposter hinzuzugeben, mit dem Ihr aktiv wertvolle Mikroorganismen hinzufügt. Wir machen das so: Im Herbst und vor allem im Frühling, wenn Schnitt- und Aufräumarbeiten anfallen, sammeln wir die Materialien auf zwei Haufen (braun/trocken und grün/feucht) und setzen den Kompost damit an. Die Behälter sind dann meist gleich ziemlich voll, sacken aber recht schnell zusammen. Was über das Jahr an Küchen- und Grünabfällen anfällt, kommt ungeachtet der Schichten einfach rauf auf den Haufen. Bisher hat das gut geklappt.

Hier habe ich schon einmal zum Thema Kompost geschrieben. Folgende Materialien gehören auf den Komposthaufen:
  • Gartenabfälle wie Staudenschnitt, Astschnitt (zerkleinert), Laub (zerkleinert), Rasenschnitt (in kleinen Mengen oder vorgetrocknet)
  • sehr geringe Mengen an ungefärbtem Papier und Eierkarton
  • Küchenabfälle von rohem Obst und Gemüse (auch ungespritzte Bananenschalen, aber nur zerkleinert), gewaschene und zerkleinerte Eierschalen (nur von rohen Eiern), Kaffeesatz mit Filter
  • Stallmist und organisches Material wie Haare, Fingernägel usw. 
  • Als Kompoststarter etwas fertiger Kompost oder Gartenerde
  • Bei Bedarf Schnellkomposter oder Kalk
Gejätetes Unkraut könnt Ihr auch auf den Komposthaufen schmeißen. Ich bin dabei aber vorsichtig, da ich den Unkrautwuchs im Garten nicht potenzieren möchte.

Das gehört nicht auf den Komposthaufen:
  • Schalen von Zitrusfrüchten
  • Gekochte, gebratene oder sonstwie gegarte Lebensmittel (Ratten!)
  • Rohes oder gegartes Fleisch oder Milchprodukte (Ratten!)
  • Kranke Pflanzenteile (z.B. Rosen mit Sternrußtau)
  • Pflanzen, die Luftwurzeln bilden oder über Stecklinge vermehrt werden (Weide, Efeu...), dürfen höchstens ganz klein gehäckselt auf den Haufen.
Wichtig ist auch der Standort. Damit der Kompost weder zu feucht ist, noch zu stark austrocknet, haltet Ihr ihn am besten im geschützten Halbschatten. Wenn es im Sommer sehr heiß und trocken ist, solltet Ihr ihn auch mal ein wenig gießen. Um eine gute Drainage zu gewährleisten, könnt Ihr die unterste Schicht im Haufen mit gröberem Astwerk bestücken. Ganz zentral: Der Kompostbehälter muss auf offenem Boden stehen, damit Würmer & Co. freien Zugang haben und außerdem Wasser versickern kann. Ein Komposthaufen auf Beton - das wird nichts!
 

Wie lange dauert es, bis der Kompost fertig ist?


Die Dauer des Kompostiervorgangs hängt vor allem von der Jahreszeit und der Art des Kompostbehälters ab. Wenn Ihr den Haufen in einem guten Mischungsverhältnis aufgesetzt habt, könnt Ihr Euch nach frühenstens fünf Monaten an dem fertigen Kompost erfreuen. Das gilt allerdings nur für geschlossene Thermokomposter und nur dann, wenn Ihr den Kompost im Frühjahr aufgesetzt habt. Im Winter erreicht der Haufen oft nicht die für die Rotte erforderliche Temperatur. In offenen Behältern solltet Ihr Euch so oder so darauf einstellen, etwa ein Jahr zu warten. Hilfreich ist es bei offener Kompostierung außerdem, den Haufen nach einigen Monaten einmal umzusetzen. Das bedeutet, dass Ihr den Haufen abtragt und in umgekehrter Reihenfolge wieder aufsetzt. So haben auch die oberen Schichten noch die Chance zu verrotten.

Aufsetzen könnt Ihr den Kompost im Grunde jederzeit. Die Jahreszeit, in der das meiste Schnittgut anfällt, bietet sich aber an, also entweder das Frühjahr oder der Herbst.

Guter Kompost: Welche Behälter sind geeignet?


Wenn Ihr mit klassischen Kompostbehältern arbeiten möchtet, habt Ihr die Wahl zwischen offenen Kompostern aus Metall oder Holz und geschlossenen Thermokompostern aus Kunststoff. Holzkomposter sind oft preisgünstiger als Gitterkomposter aus Metall, halten aber nicht ewig, da das Holz irgendwann auch verrottet. Wie Ihr auf den Fotos seht, haben wir einen offenen Komposter und zwei Thermokomposter. Ein weiterer Behälter dient zur Aufbewahrung des fertigen Komposts. Der Vorteil der geschlossenen Variante liegt darin, dass schneller die für die Rotte idealen Temperaturen erreicht werden und der Kompost somit einige Monate früher fertig ist. Andererseits kommt es durch die mangelnde Belüftung häufig zu Fäulnisprozessen. Beim Thermokomposter ist das sorgfältige Befüllen und Mischen der Materialien darum unabdingbar. Wer nicht ganz so akribisch vorgehen will und dafür etwas mehr Zeit hat, greift besser auf die offene Variante zurück. Aus eigener Erfahrung kann ich Euch sagen: Achtet beim Kauf darauf, dass Ihr die Komposter seitlich öffnen könnt, um den halb fertigen Kompost bequem umzusetzen. Von oben mit der Schaufel reinzugehen, ist unhandlich und macht keinen Spaß.

Miete, Laubkompost, Schlüssellochbeet- Spielarten des Kompostierens


Die besonders schonende und preisgünstige Grundform des Kompostierens ist die so genannte Kompostmiete, die ohne Behälter funktioniert. Im Grunde wird die Miete genauso geschichtet wie ein Komposthaufen im Behälter. Sie sollte allerdings etwa anderthalb Meter breit, einen Meter hoch und zwei Meter lang sein, damit die richtigen Temperaturen erreicht werden. Darum benötigt Ihr mehr Platz als für einen einfachen Haufen. Zum Schluss deckt Ihr die Miete mit einer Schicht Erde und Laub oder Heu ab, um sie vor Erosion zu schützen. Die Rotte in der Miete kann mit zwei Jahren länger dauern als im Kompostbehälter.

Laubkompost ist eine besonders einfache Art des Kompostierens und für diejenigen geeignet, in deren Gärten große Mengen an Laub und nur wenig anderes Material anfallen. Ihr mischt das im Häcksler zerkleinerte Laub mit etwas Erde in Drahtbehältern oder Plastiksäcken und wartet einige Monate. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Kompost spielen Pilze hier eine größere Rolle. Es handelt sich also im biologischen Sinne nicht um eine klassische Rotte.

Ein besonders interessantes Konzept stammt aus der Permakultur: Das Schlüssellochbeet (Keyhole Garden). Das Schlüssellochbeet ist im Grunde ein Hochbeet mit Loch bzw. mehreren Löchern, in die kompostierbare Abfälle direkt eingefüllt werden, während das Beet längst mit Gemüse bepflanzt ist. So spart man sich den extra Platz für den Komposter und die Abfälle verrotten und düngen das Beet direkt. 

Unten habe ich Euch ein paar Links zum Weiterschmöckern bereitgestellt.

Kompost: Geht das auch auf dem Balkon?


Damit Bodenlebewesen einwandern können, muss der Komposter normalerweise auf offenem Boden stehen, was auf dem Balkon natürlich nicht möglich ist. Trotzdem könnt Ihr auch auf dem Balkon wertvollen Kompost herstellen und zwar, indem Ihr die kleineren Helferlein einfach selbst in Eure Kiste setzt. Beispiele hierfür sind Regenwurmkisten oder "Bokashi-Eimer" mit effektiven Mikroorganismen. Im Unterschied zum Wurm-Kompost ist der biologische Vorgang bei der Herstellung von Bokashi allerdings ein anderer. Anstelle der Rotte, die Sauerstoff benötigt, findet hier Fermentation unter Ausschluss von Sauerstoff statt. Das Ergebnis könnt Ihr dennoch zum Düngen Eurer Balkonpflanzen verwenden. In der Linkliste findet Ihr weitere Informationen.

Weiterführende Links


Bücherempfehlungen

  • Heistinger, Andrea (2013): Das große Biogarten-Buch. Erschienen im Löwenzahnverlag.
  • Sulzberger, Robert (2016): Kompost, Erde & Düngung. Gesunder Boden, gesunde Pflanzen. Erschienen bei blv.

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